Es gab sie auch schon bei Mario Bros.: seltsame Tricks und Abkürzungen, die nur die richtig guten Spieler kannten. Ich erinnere mich, wie wir sie bewunderten, und auch wie «magisch» sich das angefühlt hat, die Regeln des Spiels zu beugen, zu umgehen, zu manipulieren. Heute nennt sich das im Game-Fachjargon «cheating», was eigentlich seltsam ist, weil es zunächst einmal gar nicht wie ein «Bescheissen» wahrgenommen wird. Eigentlich wäre «hacking» wohl ein passenderer Begriff, die entsprechenden Codes und Spielzüge werden in grossen Online-Foren geteilt und diskutiert. Bloss in Online-Multiplayer-Spielen ist diese Art von «Schummeln» verpönt, oft verbunden mit offiziellen Verboten und Spieler-Sperren im Fall einer Zuwiderhandlung.

Bei uns in Jungleland wird auch viel gecheated, die Diskussionen drehen sich gerade oft um das Dafür und Dawider. Nicht alle praktizieren es, aber so gut wie alle sind anfällig für die Verlockungen eines attraktiven Cheats: wer die entsprechenden Admin-Rechte hat und die Textbefehle kennt, kann über eine Befehlskonsole im Game allerlei passieren lassen: Teleportationen, Erzeugung von Material aus dem Nichts, fiese Aktionen gegen Mitspieler. Man kann mit den cheats auch ohne Weiteres eine unserer pädagogischen Grund-Missionen ins Leere laufen lassen: wer (Bau-)Material unbegrenzt generieren kann, bekommt unmöglich ein Gefühl für nachhaltigen Umgang mit Ressourcen.

Hier muss man noch selbst Hand anlegen: Am Zaubertisch kann man Werkzeuge verbessern

Wenn man das aus der Distanz beobachtet, erinnert es ein bisschen an Magie. Sowohl die leuchtenden Augen des «Cheaters», wenn ein Trick funktioniert hat, wie auch die Machtposition, die seine Fähigkeiten ihm einbringt. Man kennt es aus Fantasy-Erzählungen. Sogar Anzeichen von «weisser» und «schwarzer» Magie kann man ausmachen: man kann die Cheats nutzen um Anderen zu helfen, man kann ihnen aber auch üble Streiche spielen. Was dann auch prompt zu Protesten führt. Die «unlimitiert Erzeugen»-Magie dagegen erinnert fatal an ökonomischen Wachstumswahn. Auch nicht sehr wünschenswert.

Und wie gehen wir nun damit um? «With great power comes great responsibility», zitierte Mario nach dem letzten Treff Spiderman. Wir haben schon ein paar Regeln aufgestellt: eigentlich darf man nur cheaten, um sich zu teleportieren und um spezielle Nether- und End-Objekte herzustellen, deren schummellose Beschaffung im Game viel zu umständlich wäre und uns von den gemeinschaftlichen Projekten ablenken würde. Zu diesem Zweck haben auch alle Admin-Rechte bekommen. Aber wer aufmerksam ist bemerkt: Manche Spieler sind auffällig oft mit dem Keyboard beschäftigt. Die Verlockung des cheatens dürfte doch grösser sein als wir angenommen hatten. Müssen wir die Admin-Rechte wieder einschränken? Muss man sich gewisse Zaubersprüche erst verdienen? Man muss kein Magier mit einer Kristallkugel sein, um zu behaupten: der Umgang mit dem «Cheaten» wird uns noch eine Weile weiter beschäftigen. Es war beim Herrn der Ringe kein bisschen anders.

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