Gibt es überhaupt noch gemeinsame grosse Pläne? fragten wir im letzten Post. Es ist nicht ganz einfach, eine schlüssige, simple Antwort darauf zu finden – dabei ist es, das ist uns klar, eine der ganz wesentlichen Fragen, was die Zukunft des Projekts angeht.
Was tut man so, wenn es einen mit einer Gruppe von Freunden in eine fremde, unzivilisierte Welt verschlägt? Baut man riesige Städte, urbane Phantastereien, architektonische Selbstverwirklichungen? Oder erkundet und transformiert man eher den Naturraum, bewirtschaftet man, verbindet man weit Auseinanderliegendes – wie es mit der Jungleland-U-Bahn passiert ist? Haben wir da eventuell sogar Anschauungsuntericht in Sachen zivilisatorische Ursünden bekommen, manche behaupten ja, mit der Landwirtschaft habe all das begonnen, was das Zusammenleben oder überhaupt das Menschsein so kompliziert macht? Oder geht es letztlich doch um Archaischeres, um gemeinsam erlebte Abenteuer und den Kampf gegen das auch in Jungleland präsente Böse? Oder um das Suchen nach Ressourcen, um das Anhäufen von Reichtümern und besonderen Fähigkeiten? Und mithin um die Frage, wer am Mächtigsten, wer am Reichsten ist?
Letzteres bringt uns zu einer anderen ungelösten Frage: nach der Wirtschaftsform nämlich, die sich in Jungleland etabliert hat. Beziehungsweise des leidigen Umgangs mit dem Privatbesitz – eine schöne Lektion, eigentlich: Ursprünglich war die Idee ja mal, dass es in Jungleland nur gemeinschaftlichen Besitz gibt, was auch seinen unmittelbaren architektonischen Ausdruck fand, im Keller des Gemeinschaftszentrums. Dort stapeln sich um die 30 Kisten, mit allerlei Notwendigem, Nützlichem und auch Exklusiveren für den Jungleland-Alltag. Jeder darf sich da bedienen, ganz nach Bedarf, wobei: „nicht plündern!“. Was natürlich gern in Anspruch genommen wird – etwas weniger gern wird auf die Kehrseite geschaut: der allgemeine Besitz sollte auch von der Allgemeinheit gepflegt werden, das heisst die Kisten gehören auch immer wieder aufgefüllt. Also muss gemint werden, gesucht, geholzt, gehortet – kurz gesagt: es ist Arbeit. Wer leistet die? Und wen soll es wundern bei Kindern, die in unserer materiell geprägten Welt gross werden: wer Arbeit hat, möchte das Erarbeitete lieber selber behalten, als es in Kisten ohne Boden zu deponieren. Wenn man das nächste Mal nachschaut: ist womöglich alles schon wieder weg.

Also etablierte sich unlängst parallel zur gemeinschaftlichen Ressourcenwirtschaft so etwas wie ein Proto-Kapitalismus: immer mehr private Kisten, im eigenen Keller, auf dem eigenen Dachstock, irgendwo in einem raffinierten Versteck. Und damit kam natürlich die Lust des Klauens, ein Thema das uns in den Zvieri-Diskussionen etwas zu oft beschäftigt hat in letzter Zeit und für das keine einfache Lösung zu finden war (war es Absicht, war es Unwissen, war es Spass?). Ausfindig machen und Bestrafen der Diebe? Immer ausgeklügeltere Verstecke? Oder sogar abschliessbare Kisten, was eigentlich gar nicht vorgesehen ist im Minecraft-Grundmodus?
Oft kommt die Gruppe dann zu baulichen Lösungen sozialer Problemstellungen. Zur Diebstahlprävention gibt es nun neu ein Willkommens-Hotel für neu zum Spiel Kommende. Da finden sie erst einmal ein Bett, ein bisschen Geborgenheit – und eine Kiste mit allem Nötigsten für den Anfang. Aber waren es tatsächlich die Neuankömmlinge, die immer wieder für böse Überraschungen beim Blick in die eigenen Kisten sorgten? Ein paar Zweifel bleiben, aber was auch bleibt: es tut sich immer wieder Spannendes Neues im Sozialexperiment Jungleland.
Quo Vadis also, insgesamt? Es gibt durchaus noch Pläne, es gibt noch Visionen für Jungleland. Es gibt aber auch die grosse Lust, sich auf ein neues Abenteuer in einer jungfräulichen Landschaft einzulassen, vielleicht sogar in einem Open-Source-Ableger von Minecraft, um nicht weiter von Microsoft abhängig zu sein. Es soll bei Openworlds ja nicht nur ums Gamen und ums Weltenbauen, sondern auch um kritische Medienkompetenz gehen. Affaire à suivre.